G3 - Live In Tokyo (2005)

11.05.2013 15:37

Veröffentlichung: 2005

Genre/ Stil: Hard Rock, Metal, Progressive

 

Besetzung:

Joe Satriani - Gitarre

Steve Vai - Gitarre

John Petrucci - Gitarre

Galen Henson - Gitarre

Matt Bissonette - Bass

Jeff Campitelli - Schlagzeug

Dave Weiner - Gitarre

Billy Sheehan - Bass

Tony Macalpine - Gitarre, Keyboard

Jeremy Colson - Schlagzeug

Dave LaRue - Bass

Mike Portnoy - Schlagzeug

 

Es ist immer interessant, anzusehen, wer auf welche Art und Weise die Extremen bedient.


Um das zu erklären, fang ich mal von hinten an.
Satriani, mit gewohnter Mütze und Sonnenbrille, spielt sein grooviges Material. Groovig, aber auch immer gleich.. Naja, was soll's, die musikalische Qualität soll hier weniger eine Rolle spielen. Aber.. wieso setzt Satch eigentlich immer seine Mütze und Sonnenbrille auf, wo es in diesem Saal doch (mit Sicherheit) weder kalt noch sonnig ist? Ah. Das ist jetzt cool. Und die Musik? Naja, die leidet trotzdem nicht drunter, aber wozu brauch ein spitzen Gitarrist (der er mit Sicherheit ist) denn eine solche Aufmachung, um beim Publikum zu anzukommen? Ich trau mich garnicht zu fragen, mach's aber trotzdem: Ist er denn wirklich hässlich? Michael Romeo ist auch nicht gerade ein Leonardo DiCaprio, und hat der ne Mütze? Nöp.
Schlimmer, WESENTLICH schlimmer, ist es aber noch bei Vai. Es geht los, bevor er auf die Bühne kommt. Da wird Show gemacht mit Gitarrenspielereien, die so klingen, als würden sie dem Publikum zurufen. Das Publikum reagiert und ruft zurück. Dann beginnt, der erste Song und Vai kommt rennend und grüßend auf die Bühne. Die orangene Sonnenbrille setzt er erst später auf. Der Schlagzeuger (ohne Shirt) reißt sich bald die Arme aus, so weit schwenkt er sie bei seine schmerzhaft simplen Grooves aus. Bevor der eigentliche Song losgeht wird allerdings erstmal eine Minute lang auf A gepost. Und was machen eigentlich diese Unmenge an Musikern da auf der Bühne? Da sieht man einen Basser, einen Drummer, drölfzehn Gitarristen (mit Vai) und einen Keyboarder. Aber wen man eigentlich nur hört ist- abrakadabra - Mister Steve Vai. Am schlimmsten, und weit über der Peinlichkeitsgrenze finde ich aber, dass Vai prompt einen Ventilatoren vor sich stehen hat, damit die (seit über 20 nicht mehr ordentlich sitzenden) Haare auch wirklich schön zurückwehen. Doch auch damit nicht genug; Gitarren mit blau leuchtenden Bundmarkierungen und dreißig Hälsen, glitzernde Umhängegurte und knallrote Latexröhren werden natürlich auch nicht zuhause gelassen. Nicht zu reden von seiner Mimik und Gestik (ich wette, er hat sich sein Pedalboard verchromen lassen, so wie der beim Wah-Effekt da drauf trampelt). Bei allem Respekt, Vai ist echt ein hervorragender Gitarrist, aber was er hier abzieht, ist nur noch peinlich.
Ganz anders gibt sich da Opener John Petrucci. Ich war anfangs doch ein wenig überrascht, wie der Meister seinen Act eröffnet: mit einer Ansage? Er geht einfach auf die Bühne und macht eine Ansage? Nein. Und hier kommt die ABSOLUTE Frechheit: Petrucci (der von vornherein weniger Spielzeit bekommt) ist nur mit zwei Liedern auf der DVD enthalten! Glasgow Kiss ist eigentlich nicht der Opener gewesen. Und man zähle nach: DIE ANDEREN BEIDEN spielen drei Songs mit (bei Vai) fast 10 Minuten mehr Spielzeit! Und genau hier liegt aber der Unterschied: Petrucci kommt, sagt kurz was und spielt ohne Drumdamdada seine 2 (!) Songs. Und wieviele Musiker spielen da? 3! Und das ohne Ventilator und ohne Brille und ohne Kettenhemd und Poserlederjacke! Denn Petrucci konzentriert sich im Gegensatz zu seinen beiden (übrigens wesentlich älteren) Mitgitarristen Vai und Satch KOMPLETT auf seine Musik, anstatt auf den Haufen Schnulli, den diese anscheinend benötigen um sich cool zu fühlen. Und dabei sollte es kein Geheimnis mehr sein, dass sowohl Steve Vai, als auch Joe Satriani WEIT unter dem kompositorischen und spielerischen Niveau eines John Petrucci liegen. Denn in einem einzigen Song offenbart er mehr musikalische Substanz und Intelligenz, als die beiden anderen zusammen in all ihren Songs. Dann verbeugt er sih kurz, dankt und geht von der Bühne, bescheiden, stilvoll, Petrucci.

Das ALLES gilt übrigens auch für die Jams. Die biegen, verrenken sich, posen, machen Guschen, und jeder versucht jedes mal, den anderen irgendwie zu übertreffen- mit Ausnahme von..? Petrucci! Da wird rumgespielt, irgendwelche Mätzchen auf der Gitarre veranstaltet, gefiept, gequietscht, aber wer sich auf's SPIELEN konzentriert ist.. na ihr wisst schon.

Wer weiß, ob sich Satch und Vai bei der Auswahl des "Dritten" nicht vielleicht übernommen haben (obwohl dieser Vermutung die Tatsache widerspricht, dass Petrucci der meist gesehene "Dritte" bei G3 ist), und das vielleicht sogar merken und deswegen durch Show überzeugen wollen.. Natürlich ist diese Aussage mehr als gewagt und ich betone, dass es sich hier um eine Vermutung handelt. Aber es gibt mir das Gefühl, dass Vai und Satch selbst zu wissen scheinen, dass sie einem John Petrucci technisch und kompositorisch nicht mal im Ansatz das Wasser reichen können.
Worin ich Petrucci dann aber wieder bewundere, ist, dass ihn das nicht mal zu jucken scheint. Er ist ja wohl bei der Produktion der DVD beteiligt gewesen und er ist trotzdem eindeutig benachteiligt (er scheint bei den Jams auch deutlich leiser abgemischt zu sein). Auch lässt er sich durch der anderer beiden Poserpartien nicht im Geringsten beeindrucken, sondern spielt gekonnt und bescheiden seine absolut genialen Linien, ohne die anderen beiden fertig machen zu wollen (was er könnte, logisch) .. meistens sogar unter seinen spielerischen Möglichkeiten.

Fazit:
Was lernen wir aus dieser DVD? Wie man Gitarre spielt? Oder wie man sich auf der Bühne ordentlich aufspielt? Nunja, kommt drauf an, welchen Part man sich ansieht. Joe Satriani und Steve Vai (wobei zweiter auch ersten übertrifft) sind zwei spitzen Gitarristen, aber der einzige, der hier überzeugt, ist Mister John Petrucci. Und das nicht, weil er eine Riesenshow macht, sondern weil er das macht, was er soll: spielen. Und dabei belässt er es und damit stellt er mich zufrieden. Was die anderen beiden aber machen, und hier ganz besonders Vai, finde ich, geht weit über die Peinlichkeitsgrenze hinaus.
So handelt es sich bei dieser DVD um einen weiteren Beleg für die Genialität eines John Petruccis, während sich Joe Satriani und Steve Vai zwischen cool sein und eine technisch brillante Gitarre spielen anscheinend nicht richtig entscheiden können.
 

Bewertung: 

Vergleichbar mit: 

JP macht JP Musik, JS macht JS Musik, SV macht... SV Musik.

 
 
 
 
Mehr von G3:

Kommentare

Es wurden keine Beiträge gefunden.

Neuer Beitrag