Transatlantic - The Whirlwind (2009)

03.03.2015 14:22

Veröffentlichung: 2009

Genre/ Stil: Retro-Progressive Rock

 

Besetzung:

Neal Morse - Gesang, Gitarre, Keyboards

Mike Portnoy - Drums, Gesang

Pete Trewavas - Bass, Gesang

Roine Stolt - Gitarre, Gesang

 

Titelliste:

1. The Whirlwind

        I. Overture/ 

            The Whirlwind

        II. The Wind Blew Them All Away

        III. On The Prowl

        IV. A Man Can Feel

        V. Out Of The Night

        VI. Rose Colored Glasses

        VII. Evermore

        VIII. Set Us Free

        IX. Lay Down Your Life

        X. Pieces Of Heaven

        XI. Is It Really Happening?

        XII. Dancing With Eternal Glory/

                The Whirlwind (Reprise)

 
 

Neal Morses neustes Werk ist die Antwort zu seinem 2005er Werk „?“. Der Ausruf zur Frage, praktisch. 2002 hat er sich entschlossen, sein Leben Gott zu widmen, hat ihm und der Welt 5 weitere tolle Retro-Prog-Alben geschenkt und sich letztendlich entschieden mit der famosen Supergroup Transatlantic mal wieder ein verhältnismäßig „gottloses“ Album zu veröffentlichen. Was die Fans dabei erwartet, dürfte klar sein. Perfekter, ecken- und kantenloser, aber mit Liebe, Energie und Virtuosität gespielter Retro-Prog Marke "Morse". Und wo Morse draufsteht, ist auch Morse drin. Immer.
Doch auch die übrigen machen ihre Aufgabe sehr gut. Portnoy trommelt wie immer druckvoll und extrem präzise, Stolt macht seine Aufgabe gut (obwohl ich nie großer Stolt-Fan war) und Trewavas’ Bass ist präsenter denn je. Sein Bass Sound ist extrem gut gelungen. Dazu harmonieren Trewavas und Portnoy perfekt als Rhythmusgruppe.

Das neue Werk wird eröffnet durch eine Overture. Ein tiefer Ton, Rauschen und Soundeffekte kommen auch dem nichts, bevor Orchester und Schlagwerk mit dem majestätischen Grundthema die Stille durchbrechen. Darauf setzt die gesamte Band ein, mit einer Overture, wie sie Morse-typischer nicht sein könnte. Komplexe, aber dennoch eingängige, mitreißende und groovende Themen werden angespielt, um später ausgebaut und variiert zu werden. Was soll man sagen, Morse hat es einfach drauf.
Man geht über in einen Uptempo-Teil, bevor der Gesang einsetzt. Und? Ladies & Gentlemen, Mister Roine Stolt verkündet mit seiner Stimme die ersten Zeilen des Albums. „Catch Your Breath“.. – Was haben wir Transatlantic vermisst!
The Wind Blew Them All Away nimmt ein wenig Tempo raus, bringt aber mehr Dramatik ins Spiel. Schöne Melodien, ein getragener Rhythmus, hier und da mal ein Gitarrensolo- typisch Morse. Fließend geht man über in On The Prowl. Ein Großteil dieses Stücks scheint improvisiert zu sein. Sicherlich wurde hier nur die Basslinie im Studio angespielt und alle sind eingestiegen. Morse improvisiert ein wenig mit dem Rhodes herum, Portnoy spielt verschachtelten Kram auf seinen Töpfen, während Stolt ein paar bluesig-jazzige Voicings auf der GItarre gibt. Doch bald entwickelt sich aus dem Song ein würdiger Nachfolger von Devil’s Got My Throat und In The Fire. Treibend, rockend, im Shuffle-Rhythmus. Das folgende A Man Can Feel geht vom typischen Morse-Stil ein wenig mehr in Richtung Flower Kings. Roine Stolt singt ziemlich lustig. Der Song lebt von den Kontrasten zwischen dem heiteren Refrain, der leicht bedrohlich anmutenden Strophe und den erneut jazzigeren Soloeinlagen. Zum Schluss gibt es ein großes Crescendo, wo Portnoy mal wieder alles gibt, was er hat, bevor man fließend zum nächsten Teil, Out Of The Night übergeht. Hier packen Transatlantic ihre Liebe zu den Beatles aus. Der Anfang erinnert total an Getting Better. Auch Portnoy und Trewavas dürfen mal ans Mikro und es passt echt gut. Rose Colores Glasses ist dagegen die erste richtige Ballade, aber nicht ganz so schmalzig wie andere Morse-Schmacht-Nummern. Trotzdem gibt es Mellotron Teppiche, Soli, Bombast und die Tränen bleiben auch nicht aus. Ein toller Song, der von mir aus aber 2 Minuten kürzer hätte sein können.
Doch bevor man ganz einpennt, bringen Transatlantic mit einer leichtfüßigen Pianomelodie ein wenig Tempo rein. Diese Melodie, unterbrochen von abrupten Schlagzeug-, Bass- und Gitarren-Attacken wird im Stück Evermore über komplette 4 Minuten so vielseitig variiert, dass es nie langweilig wird. Das ganze erinnert sehr an Yes, besonders der groovende Bass und der Satzgesang. Darauf, eingeleitet durch einen Schlagzeugbreak, sind wir im nächsten Abschnitt, Set Us Free. Auch hier darf Mike Portnoy mal wieder ans Mikro und es passt erstaunlich gut. Zum Schluss wird es ein wenig bedrohlicher, bevor uns ein zitterndes, ängstliches Piano-Arpeggio in den nächsten Teil Lay Down Your Life geleitet. Und das ist ein besonderes Bon-Bon. Schleppend, krachend, bedrohlich, einfach geil! Und Neal Morse singt sich Herz und Seele aus dem Herz. Mike Portnoy gibt teilweise einen astreinen Jon Bonham. Chor und Stakkato-Streicher tun ihr übriges. Geiles Teil.
Fließend geht man über in Pieces Of Heaven, einem kurzen Instrumental, das mich persönlich von Aufbau und Sinn her ein wenig an Snow’s Night Out von Neal Morses letztem Album mit Spock’s Beard erinnert. Nur die Disco-Einwürfe wurden rausgelassen. Man merkt, das Finale rückt immer näher. Mit Is It Really Happening setzt man einen klaren Ruhepunkt, flüstert, fährt alles runter und klingt dabei teilweise erstaunlich stark nach Pink Floyd. Doch das ganze beruht auf einem glänzenden Spannungsbogen, der in einem Soloteil endet, wie ihn auch Transatlantic noch nicht abgeliefert haben. Schnell, spannungsgeladen, aber ohne Gefrickel, spielt jeder so gut er kann. Portnoy hämmert derart energiegeladen auf seine Felle, dass man Angst haben darf, dass sie ihm gleich um die Ohren fliegen. Am Ende kommt der finale Synchronteil, immer noch mal schneller, bevor alles abrupt abbricht und neu ansetzt. Und wir befinden uns im letzten Track, Dancing With Eternal Glory. Das ist eine typische Morse-Ballade, die ebenfalls ein wenig kürzer hätte sein dürfen. A Man Can Feel wird zitiert, bevor man zum Grande Finale übergeht. Und der Kreis schließt sich langsam. Und man sieht es kommen, am Ende explodiert alles in der majestätischen Grundmelodie. Aus, Schluss, perfekt. Schon groß irgendwie. Wegen solcher Momente hören wir doch Morse-Musik, oder?

The Whirlwind steht für mich direkt neben Bridge Across Forever und etwas über dem Debut. Das Album ist Morse, aber eindeutig Transatlantic. 
Ich habe das gesamte Werk (!) in Berlin live sehen dürfen. Es ist umwerfend zu sehen, wie die Band, allen voran Morse, hinter ihrer Musik steht. Das bezieht sich nicht nur auf Whirlwind. Es gab 60 jährige bärtige Bluesunken im Publikum, die sich bei Bridge Across Forever die Tränen nicht verkneifen konnten. Auch Morse konnte sich nur schwer beherrschen. Das war wohl einer der eindrucksvollsten Live Momente für mich bisher. Und wenn die Band bei der Textteile „ROCK THE HOUSE!“ aufhört zu spielen und die Zeile immer wieder wiederholt, wenn Morse anfängt zu schlagzeugen und Portnoy Crowdsurfing macht, dann merkt man, dass die Herren ihre Musik wahrlich lieben. Und das macht sie für mich doppelt so wertvoll. 
Sie kommt wohl auch von Herzen.

 

Bewertung: 

 

Vergleichbar mit: 

Neal Morse, Transatlantic, FloKis; die üblichen Verdächtigen eben.

 
 
 
 
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