Dream Theater - Six Degrees Of Inner Turbulence (2001)

11.05.2013 14:15

Veröffentlichung: 2001

Genre/ Stil: Progressive Metal; Progressive Rock

 

Besetzung:

James LaBrie - Gesang

Jordan Rudess - Keyboards

John Petrucci - Gitarre

John Myung - Bass

Mike Portnoy - Drums

 

Titelliste:

Disc 1:

1. The Glass Prison

2. Blind Faith

3. Misunderstood

4. The Great Debate

5. Disappear

Disc 2:

1. Six Degrees Of Inner Turbulence

        I. Overture

        II. About To Crash

        III. War Inside My Head

        IV. The Test That Stumped Them All

        V. Goodnight Kiss

        VI. Solitary Shell

        VII. About To Crash (Reprise)

        VIII. Loosing Time/

                Grande Finale

 

 

..half of the listeners approve of their decision, 25% do not, and still another 25% aren't sure what to think.

Dream Theater Hörer scheinen oftmals gebildete Hörer zu sein.. Das soll kein Selbstlob sein, sondern eine Erkenntnis, die mir beim Hören ihrer Musik immer wieder entgegenkommt. Diese Band macht keine einfache Musik, auch nicht für Fans des gemäßigten ProgRocks oder des speedgeilen Progressive-Metals. Klar finden sich auch hier die minutenlangen Soloeinlagen, die Bratzriffs und die Doublbassgewitter. Dennoch bleibt, wie bei Dream Theater eigentlich üblich, der Einfluss von sogenanntem Power-Metal mit klassischem Einschlag weitestgehend bis komplett aus. Und das steht der Musik sehr gut, denn Bands wie Stratovarius oder Redemption fehlt es größtenteils einfach an Eiern. Hier aber werden keine Frickelorgien aneinander gereiht, hier wird nicht versucht, irgendwelche längst abgelutschten Bach-Harmoniefolgen zwischen die 7-Saiter Riffs zu quetschen, sondern hier wird auf schwindelerregend hohem Niveau Musik gemacht; natürlich, selbstverständlich, nie aufgesetzt, Dream Theater eben, wie man sie kennt und liebt. Unbeeindruckt von ihren Nacheiferern machen Dream Theater einfach was sie wollen und liefern damit -mal wieder- ein Hammeralbum ab, das -mal wieder- seinesgleichen sucht.


Der Thrash-Anteil und der Power-Metal-Anteil, den ich eben so verissen habe, taucht vielleicht noch am ehesten beim Opener The Glass auf, und auch hier, gerade letzteres, nur angenehm wenig. The Glass Prison lässt uns genau dort wieder ins Traum Theater rein, wo uns Finally Free herausgelassen hat: Mit einem Rauschen beginnt Six Degrees, wie Metropolis geendet hat. Glockenschläge, Bass, WUUUUUMMMMMM, dann geht's los: 14 Minuten Gefrickel, Geriffe und Gepoche allererster Güte und vorallem mit Intelligenz. Petrucci spielt eins dieser Soli, die ich oftmals Leuten zeige, wenn ich ihnen beweisen will, dass Petrucci einfach der Beste ist (das nächste ist meistens Hollow Years @ Budokan). Das Interessante an dem Song ist, dass er in der Tat auszuhalten ist. Höre ich mir einen siebenminütigen Redemption-Song an, falle ich nach 6 Minuten in den Stuhl und denke.. ES REICHT. Und wenn ich daran denke, dass noch 4 weitere ähnliche Songs folgen.. Na danke. Aber nein, Dream Theater schaffen es tatsächlich, energietechnisch alles auf 10 zu halten, ohne dem Hörer (oder zumindest mir) auf den Keks zu gehen. Ein Quäntchen Dramatik und Witz würzen den Riffhaufen und macht ihn zu einem geilen Song.
Nach diesem Megakracher folgt gleich der nächste; mit dem -alles andere wäre nur beknackt- die Kirche ein wenig mehr im Dorf gelassen wird. Blind Faith beginnt atmosphärisch mit Keyboardflächen, entwickelt sich aber zu einem straighten Rocker mit Gröhlrefrain. Nach knapp 5 Minuten überlegt es sich der Song anders- Petrucci eröffnet mit einem (WOOAAH) geilen, bluesigen Lauf sein ebenfalls geiles Solo. Dann gibt es massenhaft Siebunddreißig-vierundachzigstel-Takte und instrumentale Meisterleistungen. Besonders Rudess zeigt, was er kann: Ein tolles Orgelsolo, ein klassisch angehauchter Pianosoloteil (genial!), ein typisches Rudess Key-Solo uund ein Darf-in-einem-Dream-Theater-Song-nicht-fehlen-Petruci-Rudess-Synchronsolo tun ihr übriges. Vielleicht einer der besten Dream Theater Instrumentalteile.
Misunderstood beginnt als Ballade, ist aber keine. Mich persönlich erinnert's vom Spannungsbogen ein wenig an Supertramp's Asylum, setzt aber noch zwei drauf: Es beginnt harmlos, fast nett, und steigert sich in ein immer intensiveres, düstereres Inferno, das am Ende einen in der Verzweiflung und im Chaos versinkenden Höhepunkt erfährt. Hier gibt es keine Frickelpartien, keine großartigen Odd-Times; der Song ist absolut untypisch für Dream Theater. Der verzweifelte Text trägt zur Dramatik deutlich bei. Dieser wird von LaBrie auch klasse interpretiert. Plötzlich mutiert der Song zu einer Art Monster, zäh, böse, düster. Petrucci spielt tiefe, lange und verzerrte Töne, komische Geräusche und rückwärts aufgenommene Soli. Portnoy hat einen Groove aufgenommen und den dann verlangsamt, was ein seltsam-erdiges Fundament gibt. In dieser Manier klingt der Song dann auch verstörend aus. Klasse.
Doch DT setzen noch einen drauf mit The Great Debate. Einmal mehr ein genialer Text von Petrucci. Stammstellenforschung.. Naaagut.. aaber mit welchen grandiosen Worten er hier beschreibt, kritisiert, Anweisungen erteilt ' toll. Auch die Musik stimmt: Mit gut eingesetzten Samples (allein die animieren zum Verstehen und genauen Hinhören) steigert sich der Song im 7/8. Portnoy arbeitet gekonnt mit Klick, Toms und Becken, bevor alles in ein Bratzriff mündet. Hier setzt LaBrie durchs Telefon ein. Der Text lässt einen wirklich aufhorchen und hievt die Musik auf ein noch höheres Niveau. Geheimnisvolle Gesangspassagen, unglaubliche Soli, Dramatik, Mitgröhlrefrains, Headbangrhythmen ' dieser Song bietet dem Fan alles. Schlussendlich endet er wo er angefangen hat.
Langsam ist es überfällig, die obligatorische Ballade muss her. Bei Dream Theater hab ich da keine Angst, denn sie verstehen es einfach, schöne Melodien zu schreiben. Noch schöner ist aber hier der todtraurige Text, erzählend von zwei Menschen, die ihre letzten Worte miteinander wechseln. Traumhaft.

Als krasser Gegensatz zu der ersten 'typisch-Dream-Theater'-Hälfte des Albums steht dann der 40+ Minuten Titeltrack. Hier packen sie doch noch mal die klassischen Elemente aus und werfen ihren Fans eine Oper, ein Musical, was auch immer entgegen, das von ProgMetal weiter entfernt ist als vom klassischen ProgRock. Von einer Overture, die viele Themen des Gesamtwerks bereits vorweg nimmt, über das leicht fröhliche About To Crash steigern DT die Spannung zu zwei pumpenden, härteren Teilen mit Gesangsduetten zwischen LaBrie und Portnoy (passt hier wirklich gut!) und Soli allererster Güte. Mit Goodnight Kiss wird kurz Spannung rausgenommen, um mit dem abschließenden Solo wieder Fahrt aufzunehmen. Mit Solitary Shell folgt dann ein leicht beschwingter, fröhlicher Song in Solsbury Hill Manier und Neal-Morse-igem, jedoch weitaus virtuoserem Soloteil. Direkt darauf folgt das Finale-Doppelpack About To Crash Reprise und Losing Time. Ersteres rockt noch mal hübsch die Bude und leitet mit einem dramatischen Soloteil den letzten, erneut traurigen Song ein. Mit einer beeindruckenden textlichen Zusammenfassung klingt Six Degrees dann noch fast 2 Minuten aus. Interessant bei dem Monstertrack ist, dass die ganze Zeit eine Stimmung gehalten wird, Themen wiederholt werden, die man sofort wieder erkennt. Und so derb kitschig find ich es ehrlich gesagt auch wieder nicht.

Am besten, man lässt sich selbst auf dieses Abenteuer ein und lässt die Musik sprechen.

 

Bewertung: 

Vergleichbar mit: 

Größtenteils sich selbst, stellenweise aber Peter Gabriel, U2 (beide Solitary Shell), Kansas (Overture)

 
 
 
 

 

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