Genesis - ...And Then There Were Three... (1978)

11.05.2013 16:40

Veröffentlichung: 1978

Genre/ Stil: Progressive Rock, Pop, ArtPop, Rock

 

Besetzung:

Tony Banks - Keyboards

Mike Rutherford - Bass, Gitarre

Phil Collins - Schlagzeug, Gesang

 

Titelliste:

1. Down & Out

2. Undertow

3. Ballad Of Big

4. Snowbound

5. Burning Rope

6. Deep In The Motherlode

7. Many Too Many

8. Scenes From Night's Dream

9. Say It's Alright Joe

10. The Lady Lies

11. Follow You, Follow Me

 

Dass ..And Then There Were Three die Genesis-Fans gespalten hat, kann ich dir mir durchaus vorstellen. Wirft man einen Blick auf die Titelliste, sieht man, dass es sich mit den Epen der vorherigen Alben, die schon seit dem Lamb-Opus weniger Einsatz fanden, endgültig ausge-ept hat. Aber Genesis ohne Hackett? Mike Rutherfurz kann ja kaum richtig Bass spielen, wie soll das dann mit der Gitarre werden?
Dennoch finden sich auf diesem Album einige spitzenmäßige Pop- und auch Prog-Songs, die mit den späteren Genesis glücklicherweise noch nichts zu tun haben. Es wurde trotzdem ein zwiespaltendes Album, weswegen ich es mal aus zwei Standpunkten schildern will.

Sicht des 'Fans der ersten Stunde':
Down & Out wird eröffnet durch Keyboard und *siehe-da!*, auch ohne Hackett eine Gitarre! Ein bisschen dünn, aber immerhin! Jetzt geht's los. Phil hämmert auf seine Felle, alles scheppert und rockt! Keyboardsolo, Krummtakte, kurz und bündig, progressiv, aggressiv, GEIL.
Undertow ist.. Nanu, eine Ballade? Mal schaun. Ruhige Strophe, mit- oder zerreißender Refrain, ein Afterglow 2. Gefällt mir gut, in Ordnung.
Ballad Of Big hat ein wenig halbgare Atmosphäre am Anfang, dann wird's aber arg poppig. Nee, mag ich nicht!! Wenigstens gibt's einen pumpenden Bass und ein wenig Groove. Trotzdem lahm, nää.
Snowbound.. Noch ne Ballade? Diesmal aber weniger in Richtung Afterglow, sondern Own Special Way.. Bläähh eklig, Pop!
Jetzt's geht's wieder los! Burning Rope ist der beste Titel des Albums, voller toller Themen, und musikalischer Meisterleistungen von Phil und Tony. Eine Menge Dramatik hat Tony auch wieder in die Komposition gepackt. Der Mittelteil und Schluss ist mit das beste, was wir seit Jahren gehört haben. Geil, geil, ihr könnt's noch!
So, kommt jetzt In A Mouse's Night zwei? So ähnlich, nur westentlich langweiliger. Naja, zumindest gibt's im Mittelteil etwas Spannung. Trotzdem nix im Vergleich zu früheren Großtaten! Bläh.
Nächste Ballade, aber diesmal schöner, melancholischer und intelligenter. Trotzdem 'Many Too Many' Balladen!
(An dieser Stelle wird zum ersten mal der Player aufgemacht, um nachzuschauen, ob man das richtige Album erwischt hat.)
Scenes From A Night's Dream ist.. Sag mal.. Spinnt ihr? Solchen Spielzeug-Pop könnt ihr uns doch nicht antun! Langsam wird einem flau im Magen.. Nee, ich mag das neue Album meiner Helden irgendwie nicht!
Say It's Alrigh Joe.. komischer Name. Ruhiger Anfang, etwas neckisch, bevor man in einen treibenden, gefühlvollen, geilen Refrain geht. Hätte man mehr draus machen können, aber naja. In Ordnung.
The Lady Lies beginnt mit wimmernden Synthies, geiler Schlagzeugarbeit, endlich mal einer bratzenden Gitarre und einem zumindest hörbarer Bass. Enthält auch einen geilen Refrain mit hervorragender Percussion und ein Keyboardsolo. Nicht wirklich Genesis, aber gut!
Follow Me Follow Me. Moment mal, das hab ich schon mal gehört.. GESTERN IM RADIO! Wusste garnicht, dass das von Genesis ist! Traurig, traurig..

Wenn man damals gewusst hätte, was im nächsten Jahrzehnt noch alles folgen sollte.. wehoweh..

Doch lernt man das Album als jemand kennen, der von der damaligen Situation null Plan hat, der beim ersten Hören aufgrund der vernichtenden Kritiken eigentlich gleich eine Katastrophe erwartet hat (wie ich), sieht das schon anders aus.
Down & Out ist und bleibt ein atemberaubend vertrackter Rocker, Untertow ist für mich eine der schönsten Balladen von Genesis, Ballad Of Big (übrigens nicht wirklich eine Ballade) finde ich noch immer schwach und Snowbound schrecklich. Burning Rope ist und bleibt das Meisterwerk des Albums. Deep In The Motherlode ist vielleicht eine der besten Rutherford-Kompositionen, doch auch das heißt nicht viel. Immer noch kein großer Wurf. Many Too Many gefällt mir gut, schön traurig und bombastisch. Wäre mehr drin gewesen. Scenes From A Night's Dream ist vielleicht kein Meisterwerk, groovt aber nett und macht Spaß. Zudem ist der Text ziemlich lustig. Say It's Alright Joe wirkt unvollendet, überzeug aber durch den hervorragenden Refrain. The Lady Lies ist klasse und bingt mal wieder ein wenig Dramatik in die Bude. Und Follow Me Follow Me sollte jeder kennen, das ist praktisch das verweichlichte Gegenstück von Solsbury Hill.
Durch das gesamte Album zieht sich eine wärmende, angenehme Stimmung, zu der auch das gelungene Cover gut passt. Es handelt sich hier vielleicht nicht mehr um Prog-Meisterwerke, wie wir sie mit One For The Vine, Supper's Ready oder Firth Of Fifth gehört haben, aber so verkommen, billig und langweilig wie auf ABACAB und Invisible Touch ist die Musik nicht mal annähernd. Pop spielt hier eine große Rolle, aber es ist gut gemachter, mit Freude gespielter und vor allem nicht billiger Pop.

Also was bleibt? Ein zwiespaltendes Album. Vieles ist gut bis hervorragend, aber der Großteil wirkt (ist?) einfach unvollendet und es wird viel an Potenzial verschenkt. Man musste halt zugänglicheres Zeug schreiben. Das gelingt nicht immer, da die Musik noch immer intelligent ist (noch!). Und besser als Tormato ist das Album sicherlich.

 

Bewertung: 

Vergleichbar mit: 

Den späteren Genesis, bezeichnenderweise aber noch nicht den Plastik-Genesis der mittleren 80er.

 
 
 
 

 

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